28. August 2015

Storytel­ling: span­nende Insze­nie­rung

Geschichten bewegen mehr als Zahlen oder Argu­mente. Die Erkenntnis ist nicht neu, wird aber oft vergessen. Hinter Storytel­ling verbirgt sich die Kunst, eine zum eigenen Betrieb passende Geschichte zu finden und gekonnt zu erzählen.

Text: Ange­lika KnopImage Die Geschichte ist kein Selbst­zweck, sie soll dem Betrieb einen emotio­na­leren Auftritt verschaffen. Sie muss zu den kommu­ni­zierten Werten und Marken­bot­schaften passen.

Inspi­ra­tion Span­nende Storys finden sich in der Firmen­ge­schichte wie im Alltag der Mitar­beiter. Nutzen Sie Brain­stor­mings, Erzähl­runden, Befra­gungen und interne oder externe Work­shops, um die besten Ideen aufzu­spüren.

Inhalt Ein Held mit Ecken und Kanten erlebt Konflikte und über­windet Hinder­nisse. Läuft für fehler­lose Menschen alles glatt, lang­weilt das. Der Kern der Geschichte muss in einen Satz passen. Die Sprache ist aktiv und bild­haft.Helden­plots verkaufen sich gut Geschichten berühren mehr als Zahlen. Sie rufen Gefühle hervor, prägen sich ein, lassen sich erzählen. Modernes Marke­ting setzt daher gern auf soge­nanntes Storytel­ling. „Wahre Geschichten sind präsenter, authen­ti­scher und glaub­wür­diger als reine Produkt­bot­schaften“, sagt Fran­ziska Lexa, Bera­terin bei der Agentur Birke und Partner in Erlangen. „Bei Mauss Bau haben wir Ordner gewälzt, uns durch Kisten gewühlt und aus den Puzzle­teilen die Story zusam­men­ge­setzt, die für die Firma steht.“

Gute Geschichten – von Odys­seus über Harry Potter bis zum Apple-Gründer Steve Jobs – folgen dem Helden­plot: Jemand erlebt Konflikte, geht durch Krisen, meis­tert Prüfungen, kommt verän­dert ans Ziel. „Im Kern trägt alles, was wir um Mauss Bau erzählen, die Elemente, wenn auch nicht immer bis zum Ende entwi­ckelt“, sagt Lexa. Neben den Frauen beein­druckte viele Besu­cher, wie sehr Mauss mit über 400 Bauwerken das Erlanger Stadt­bild geprägt hat. Der Ausstel­lungs­con­tainer war sogar beim Inter­na­tio­nalen Comic-Salon. Die gezeich­nete Mauss-Maus in Arbeits­hose führte durch einen Comic-Parcours in der Stadt. „Bei Bedarf könnten wir die Geschichten auch in Social-Media-Kanälen von den Usern fort­schreiben lassen“, so Lexa.

Bild­hafte Details sind wichtig Umfang­rei­ches Storytel­ling erfor­dert Zeit, Geld und Exper­ten­hilfe.  Aber es geht auch kleiner. Petra Rink macht sich im Konflikt- und Entspan­nungs­ma­nage­ment selbst­ständig. Beim Münchner Projekt guide, einer Bera­tung für Exis­tenz­grün­de­rinnen, entwarf sie im Kurs „Storytel­ling für Grün­de­rinnen“ aus ihrer viel­fäl­tigen Quali­fi­ka­tion und dem abwechs­lungs­rei­chen Lebens­lauf eine Geschichte. Drei Stich­worte wecken Neugier: Salsa-Tänzerin – Gelähmte – Libelle. Sie schil­dert, wie sie leicht durchs Leben „tanzte“, sich im Job unbe­weg­li­cher fühlte und nun wie die Libelle nach der Verpup­pung zu Höhen­flügen ansetzt. Rink begeis­terte die Zuhörer: „Später haben sie sich vor allem an die bild­haften Details erin­nert und daran Gespräche ange­knüpft.“

Mit Bildern lassen sich komplexe Sach­ver­halte veran­schau­li­chen und schwie­rige Themen anspre­chen. Erfunden sein aber darf die Geschichte nur, wenn das deut­lich wird. Anita Feucht­inger nutzt Storys für Web-Artikel und Vorträge. Gibt die Bera­terin für Perso­nal­stra­tegie im Busi­ness­portal arbeits-abc.de Tipps, entwirft sie konkrete Szenen: „Montag­morgen, neun Uhr, der erste Arbeitstag beginnt“. Aber PC und Telefon fehlen, niemand ist für die Einwei­sung einge­plant. Oder Urlaubs­pläne über­schneiden sich. Alle stellen fest: „So geht es nicht.“ Was nun? Solche Geschichten eignen sich gut, um unter­hal­tend, aber doch auf den Punkt Probleme anzu­spre­chen und Lösungen anzu­regen.

Oft helfen einfache Vergleiche Beim Thema Mitar­bei­ter­bin­dung erklärt Feucht­inger ein komplexes Problem ganz einfach: Sie vergleicht Firmen mit einem Teich, in dem sich Fische wohl­fühlen müssen, sonst schwimmen sie weg oder sogar mit dem Bauch nach oben. Die Tiere brau­chen nicht nur Futter, sondern auch Frisch­wasser, Pflanzen und die rich­tigen Artge­nossen – so wie Arbeit­neh­mern allein ein gutes Gehalt nicht reicht, falls sie unter miesem Betriebs­klima, kargen Büro­räumen und fehlendem Team­geist leiden. Die Geschichte veräs­telt sich weiter und öffnet den Verant­wort­li­chen die Augen. „Sie wissen, was das heißt, wenn es einem Fisch nicht gut geht“, so Feucht­inger. „Aber bei den Mitar­bei­tern erkennen sie das nicht.“

Die Vortrags­idee kam der Perso­nal­ex­pertin in einem Seminar: Plötz­lich erkannte sie, dass sie Storytel­ling – wie viele Menschen in vielen Lebens­lagen – schon längst anwendet, es im Geschäfts­leben aber noch konse­quenter nutzen könnte. So wurde das Storytel­ling selbst zu ihrer Geschichte: einer Heraus­for­de­rung, der sich die Heldin stellt. So wie sich Mia Mauss vor 70 Jahren der Aufgabe gestellt hat, ihr Unter­nehmen allein zu managen.

Bei Fragen spre­chen Sie uns gerne an.

Quelle: TRIALOG, Das Unter­neh­mer­ma­gazin Ihrer Berater und der DATEV, Heraus­geber: DATEV eG, Nürn­berg, Ausgabe 02/2015